Pernthaler: Stadtteilentwicklung ist zu allererst Raumplanung, dann kommt erst die Frage der technologischen Umsetzung. Wenn ich mit den modernsten Technologien ein autarkes Haus baue, dieses aber isoliert an einem völlig dezentralen Ort steht, ist das alles andere als sinnvoll und umweltfreundlich.
Höllwart: Genauso wenig wie wir ein Elektroauto gebaut haben, weil wir ein Auto bauen wollten, ging es uns auch beim Science Tower nicht primär um das Bauwerk.
Klimawandel und Digitalisierung sind da, ob wir wollen oder nicht. Und die Menschen wollen in die Städte, dann muss ich auch mehr Lebensmittel in der Stadt und in der umgebenden Region produzieren, was wir hier auf einem 300 m2 großen Smart Urban Gardening-Bereich auch machen werden.
Huber: Wir müssen heute die Infrastruktur für die Technologien von morgen schaffen und finanzieren. Derzeit kommen die meisten Firmen noch mit einer Anbindung über eine Kupfertechnologie durch. Aber der Bedarf steigt, und in ein paar Jahren kommt 5G und dann funktioniert nichts mehr ohne Glasfaser.
Derzeit wird sie allerdings noch – anders als Straßen – privat finanziert. Eine weitere Herausforderung ist, dass ich eine Glasfaserleitung nicht so einfach stückeln kann wie etwa eine Wasserleitung, sondern dass ich immer von Knotenpunkten weggraben muss. Umso wichtiger wird eine intelligente Stadtteilentwicklung.
Nußmüller: In Mitteleuropa sind die historisch gewachsenen Städte bereits größtenteils dicht bebaut sodass ganze Stadtteile, wie Smart City Waagner-Biro oder Reininghaus nur mehr selten auf der grünen Wiese entwickelt werden können. Als Verwaltung haben wir gelernt, dass derartige Vorhaben nur gelingen können, wenn alle Beteiligten von Anfang an in den Planungsprozess integriert werden, was uns bei der Smart City sehr gut gelungen ist. Früher war es nicht selbstverständlich, dass man mit allen Anspruchsgruppen, Investoren aber auch BürgerInnen, von Anfang an auf Augenhöhe gesprochen und gemeinsam das Projekt entwickelt hat. Da haben alle auch über die aktuellen Smart City Planungsprozesse viel dazugelernt.
Huber: In Zeiten von Smart Meter binden wir z.B. Trafostationen an das Glasfasernetz an und diese stehen oft in Wohngebieten. Wenn dabei ein Baum im Grabungsbereich liegt, brauche ich ein Baumschutzverfahren, was ja durchaus okay ist. In der Praxis heißt das aber, dass ich die Zustimmung der Mehrheit der Eigentümer einholen muss, um das erforderliche Verfahren einleiten zu können.
Nußmüller: In einer verdichteten Stadt hat man es mit vielen Partikularinteressen zu tun, denen übergeordnete Interessen der Allgemeinheit gegenüberstehen. Auch administrative Vorgaben müssen selbstverständlich von Zeit zu Zeit nachgeschärft werden, das bringen technologische Veränderungen so mit sich.
Höllwart: Letzten Endes sind die Technologien aber eine große Chance, wenn wir sie richtig einsetzen. Wir können in einzelnen Regionen alles produzieren, was wir brauchen, die Menschen in der Region beschäftigen und damit die Grundbedürfnisse stillen. Damit hilft die Digitalisierung und Vernetzung dabei, alles wieder überschaubarer zu machen. Ich nenne das ökosoziale Kreislaufwirtschaft.
Pernthaler:
ist Bauherr des Science Tower Graz – dem 60 Meter hohen Leuchtturm der Smart City Graz mit wegweisenden grünen Technologien (weltweit einzigartiger Einsatz von Energiegläsern mit Grätzelzellen und Dünnglas etc.)
ist Geschäftsführer der Citycom und betreibt ein rund 45.000 Kilometer langes Glasfaser-Netz in Graz, das sukzessive ausgebaut wird.
leitet das Referat für EU-Programme und internationale Kooperation in der Stadtbaudirektion Graz und ist dabei schwerpunktmäßig für integrierte/interdisziplinäre Stadt- bzw. Stadt-Umland-Entwicklung zuständig.
ist Architekt, Mitinitiator des Science Towers und Intendant für das „Smart City Project“. Weitere Projekte des international renommierten Architekten: Chirurgie Graz, Wilhelminenspital Wien, Messequartier Graz, Helmut List Halle, Flughafen Tower Graz etc.
Fotocredit: Citycom/Lunghammer
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